Einschulung mit Leit(d)kultur.

Einschulungsrituale bleiben ein Leben lang in Erinnerung. Immerhin ist es ein Lebensabschnittsritual. Der Tag ist einmalig, der Schritt unumkehrbar, vergleichbar mit Kommunion, Konfirmation, Hochzeitstag. Der erste Schultag bedeutet fr die Kinder einen weitereren Schritt in die Selbstndigkeit, fr Eltern eine weitere Phase der Ablsung vom Kind. Dem Ritual "Erster Schultag" kann niemand entrinnen, immerhin besteht in unserem Lande gesetzliche Schulpflicht.

Es soll nunmehr von einem "Ersten Schultag" die Rede sein. Wo genau er sich zugetragen, wird nicht verraten,. Dabeigewesene werden sich entsinnen und erneut erschaudern. Was sich eine Seelsorger- und Pdagogenschar in diesen Tagen leistete verdient das Prdikat: "Ungengend, Beschmend" ;schlimmere Prdikate verbietet die Internet Etikette."

Ort der Handlung: 
Porz, dort ein Stadtteil mit berwiegend auslndischer Bevlkerung. Etwa die Hlfte der "von Einschulung betroffenen" Kinder und Elternteile sind wohl Muslime.
Dienstag 21 August, 9:00 Uhr, Einschulungsgottesdienst. Die Katholische Kirche des Ortes ist ungewohnt gut gefllt.
Orgelklang,
Es tritt auf: Eine Pastoralreferentin 
Sie ist in einen liturgischen Leinensack gehllt und stellt sich artig  vor: Susanne oder so. Ein Eingangslied wird angestimmt. Dnner Gesang, wer kennt hier schon katholische Kirchenlieder in deutscher Sprache?
Die Pastoral- Susanne fummelt an ihrem teuren drahtlosen Mikroport herum, das Gert streikt immer wieder. Die Dinger sind jetzt total "In" im kirchlichen Raum. "Weil man damit, weil drahtlos, besser auf die Menschen zugehen kann" hat mir mal ein Kleriker verraten.
Die Pastoral- Susanne tuts auch, lustwandelt auf den Altarstufen und brabbelt just den selben Text herunter, den ich bei einer Einschulung vor 2 Jahren schon mal von ihr gehrt habe. Das Mikroport versagt jetzt ganz seinen Dienst, sie muss zum alten Lektorenmikrofon zurck. Dann zaubert sie bedeutungsschwere Inhalte aus einer Schultte- aber auch diese Nummer hat sie, nach meiner Erinnerung, vor zwei Jahren auch schon mal gebracht.

Dann wirds ernst:
Die Kinder sollen sich um den Altar versammeln. Susanne schreitet entschlossen zur Tat: Alle Kinder, ungeachtet ihres Bekenntnisses, Abstammung, Herkunft und Religion, werden mit dem Kreuz auf der Stirn bezeichnet und erhalten den Segen der Kirche!
Kreuzzugsstimmung: Bernhard von Clervaux lt gren!
Allah schaut weg, der Prophet dreht sich im Grabe herum.

Ein Rtsel in wei.
Auffllig turnt, in strahlend weien Habitus gehllt, ein seltenes Exemplar von Photograf umher. Er knipst akribisch jede Szene aus den abenteuerlichsten Perspektiven. Er trgt ein Handy und einen riesigen Schlsselbund am grnen Krokogrtel. Ein Charles Wilp- Imitator? Ein Agent von Pixi- Photo?

Szenenwechsel:
Durch muffige Umkleidekabinen fhrt man die Einschulungsgemeinde in eine Turnhalle, die nach ihrem Aussehen und Zustand zu urteilen, noch von Turnvater Jahn hchstselbst eingeweiht worden sein knnte. Im funzeligen Licht von Neonlampen und dem was bei Durchdringung von ungeputztem Drahtglas noch vom Tageslicht brigbleibt, bietet sich so was wie eine Bhne und einige Reihen von wackeligen Sitzbnken dar. An den Wnden die Folterwerkzeuge der deutschen frisch- fromm- frhlich- freien- Turnerbewegung. Klettergitter, Barren, Bcke, Seil- und Flaschenzge.

Es tritt auf: Die Konrektorin.
Sie begrt alle Anwesenden und macht sofort eine beklemmende Bekanntmachung. Aufs- Klo-gehen, ist heute nicht mglich, da das Wasser abgestellt worden ist. Rohrbruch oder so. Angesichts des Gesamtzustandes der Bildungseinrichtung wundert das kaum jemanden, auerdem gibts ja rund ums Haus gengend Bume und Bsche.

Das Rtsel um dem geheimnisvollen weien Mann wird gelst. Er ist nicht Charles Wilp, auch nicht von Pixi- Foto. Er selbst sagt, dass man ihn manchmal fr einen Johanniter- Sanitter hlt, oder fr Professor Brinkmann aus der Schwarzwald- Klinik. Dann kommt die Auflsung:
"Ich bin der Direktor der Schule", sagt er.
"Dann bin ich der Weihnachtsmann", denke ich.


 

 

Aber, als ich dann sehe, wie die meist weiblichen Mitglieder des Lehrkrpers, artig um ihn herumschwnzeln, wird die vermeintliche Travestie zur bitteren Gewissheit.
Er ist wirklich der Direx!
Oh Gott!

Das Bhnenstck
Kinder betreten die, aus zusammengerckten Tischen bestehende Bhne, deren abenteuerliche Konstruktion jeder Versammlungssttten- Verordnung Hohn spricht. Es kommt zu aussageschweren Theaterstcken der Zweit- und Drittklssler.
Der Pixi- Direx wartet mit modernster Bhnentechnik auf. Um die Worte der Kinder in der berakustischen Vater- Jahn- Halle verstndlich zu machen, setzt er ein drahtloses Mikroport ein. Aber wahrscheinlich hat er das High- tec- Teil bei der Pastoral- Susanne nur ausgeliehen. Denn, wie eben in der Kirche erst erlebt, versagt es wieder und wieder seinen Dienst. Ein Strippen- Mikro wandert ins deklamierende Kinderknuel.
Die Texte, welche man den Kindern eingetrichtert hat, sind so kindgerecht wie das "Heute Journal" mit Marietta Slomka. Bei mir blieb nur eine wichtige Aussage hngen: "Wenn ein Mdchen Autoschlosser werden will, dann darf es das auch!"
Htten Sies gewust?

Jetzt wirds amtlich:
Aufruf der Kinder in die Klassenverbnde. Die Konrektorin hat diesen  Part bernommen. Sie gibt zunchst einmal zu verstehen, dass sie sich mit der Schreibweise und Aussprache von Namen in trkischer und serbokroatischer Sprache nicht auskennt. Was sie sich da zusammenstottert, hrt sich so an, wie ein Rezept fr eine mediterrane Fischsuppe. Aber es melden sich immer wieder Kinder, die sich angesprochen fhlen. Es entstehen sogar Klassenverbnde. Mehr zufllig, als beabsichtigt, denke ich. Als unverbesserlicher Pragmatiker fllt mir spontan  eine Lsung zur Vermeidung solcher Peinlichkeiten ein. Wenn man die Namensliste mit den reichlich vorhandenen, einschlgig sprachkundigen, Eltern mal durchgegangen whre und dann die richtige Aussprache, am Besten in phonetischer Schrift, notiert htte, dann. . . . . . . aber da habe ich den IQ der hier praktizierenden Pdagogenschaft wohl hoffnungslos berschtzt.

Dann gehts ums Geld.
Fr ein Lehrbuch mchte man, bitte sehr, 18 DM, fr die gemeinsame Beschaffung von Stiften, Kleber und Hilfsmittel mchte man 32 DM, weitere 13 DM fr Kakao.
Zahlbar sofort.
Eine als Migrationshelferin deklarierte Dame im Walla- Walla wieselt mit einer Liste durch die Elternschaft. Hier kann man sich einschreiben, wenn man Sprachprobleme hat. Manahme der Landesregierung- Teilnahme kostenlos- Name und Anschrift gengt. Wann, wo, und fr wen der Sprachunterricht stattfinden soll, bleibt unklar. Sie akquiriert emsig, vielleicht ist eine solche Liste die Lizenz zum Gelddrucken?
Die Klassenverbnde werden, flankiert von Zweitklsslern, in die Klassenrume abgefhrt. Den zurckgebliebenen Eltern bietet man eine Tasse Kaffee an, einzunehmen im Pausenhof. Die Vater- Jahn- Gedchtnissttte leert sich. Endlich wieder richtiges Tageslicht!
Der Kaffee ist gut, kostenlos und immerhin aus richtigen Porzellan- und Steinguttassen. Klar, der Service ist keine Schul- sondern eine Elterninitiative. Die Migrationshelferin wieselt noch immer mit ihrer Liste durch die Menge, eifrig Adressen notierend.

Letzter Auftritt vom Pixi- Direx:
Diesmal mit einem Megaphon bewaffnet. Er kmpft mal wieder mit der Technik. Das Ding quietscht und pfeift, er nestelt nervs an den Knpfen des Gerts herum. Die Aufmerksamkeit der Kaffee- trinkenden Elternschar richtet sich sofort auf die Lrmquelle und damit auf ihn. Es gelingt ihm tatschlich die Flstertte zu beruhigen und er macht epochale Durchsagen. Wortreich erklrt er den Eltern wo sich, aus der Schulhofperspektive gesehen, die Klassenrume der Kinder befinden. Zu den Klassenrumen hin, oder gar in die Rume hinein drfe man aber nicht. Der Informationswert seiner Ausfhrungen ist somit gleich null. Aber immerhin wissen wir jetzt, dass seine Schule ein Megaphon besitzt.

Dann kommen die Kinder aus den Klassen auf den Schulhof zurck, Sprachengewirr, Photoshoting, Heimweg.

Einschulungsrituale bleiben ein Leben lang in Erinnerung. . . . . . .

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